VDIK-Präsident Reinhard Zirpel im Interview mit Kfz-Betrieb

Auf der diesjährigen IAA ist nur eine Auswahl an Importeuren zu finden. Mehr als 20 etablierte internationale Hersteller fehlen. Woran liegt’s? VDIK-Präsident Reinhard Zirpel gibt im Interview mit der Zeitschrift kfz-Betrieb Erklärungen und einen Ausblick auf die weitere Entwicklung.

Autor: Die Fragen stellte Christoph Baeuchle

Redaktion: Herr Zirpel, Mitte September eröffnet die 68. IAA Pkw ihre Pforten. Zahlreiche internationale Automobilhersteller nehmen in diesem Jahr nicht teil. Welche Gründe gibt es dafür?

Reinhard Zirpel: Jeder Automobilhersteller entscheidet im Rahmen seiner Kommunikationsstrategie über die Teilnahme an nationalen oder internationalen Messen. Dabei finden das geänderte Informationsverhalten der Verbraucher, geänderte Erwartungen und alternative Kommunikationsmaßnahmen Eingang in die Entscheidung. Es ist ja deutlich erkennbar, dass die IAA auf diese Veränderungen reagiert, das Konzept wird weiterentwickelt.

Zu wenig, wie es scheint. Sonst würden nicht so viele internationale Hersteller fehlen. Hat sich das Konzept „Messe“ insgesamt überholt?

Keineswegs. Das sieht man schon daran, dass neue oder andere Messen an Anziehungskraft gewinnen. Etwa die CES in Las Vegas oder der Mobile World Congress in Barcelona. Es gibt auch in der Automobilindustrie nach wie vor Bedarf für die Präsentation der neuesten Modelle, Weltpremieren und neuer Technologien. Viele Menschen sind daran interessiert. Aber eine Automobilmesse muss darüber hinaus über neue Formen der Mobilität und die Mobilität der Zukunft informieren.

Der VDIK hat ja schon vor Jahren die Leipziger AMI eingestellt. Die Alternative lässt lange auf sich warten. Was haben Sie als AMI-Ersatz geplant?

Es geht nicht um einen Ersatz der AMI. Die Messe war über einen langen Zeitraum eine ideale Plattform zur Präsentation der Produkte der VDIK-Mitglieder und aller anderen Anbieter. Aber der gesamte Mobilitätsmarkt ist im Umbruch. Ich habe nicht den Eindruck, dass sich unsere Mitglieder die Wiederbelebung einer klassischen Automesse wünschen. Es geht vielmehr um neue Marketing- und Kommunikationsformate. Darauf richten wir zusammen mit den Mitgliedsunternehmen ohne zeitlichen Druck unsere Kreativität.

Große Messen wie die IAA waren für die Kfz-Branche immer auch ein kleines Konjunkturprogramm. Inwiefern kann die IAA den deutschen Automarkt zum Jahresende nochmals anschieben?

Die IAA wird auch in diesem Jahr mit zahlreichen Weltpremieren und einer umfangreichen Berichterstattung die Kommunikation mit dem potenziellen Kunden verstärken und für eine Belebung des Marktes sorgen. Volkswirtschaftliche Entwicklungen und politische Rahmenbedingungen sind aber ebenfalls wichtige Faktoren, die den Markt stark beeinflussen.

Welche Entwicklung des deutschen Automarktes zeichnet sich aus Ihrer Sicht für die letzten Monate des laufenden Jahres ab?

Im bisherigen Jahresverlauf ist ein Zuwachs von gut einem Prozent zu verzeichnen, trotz des sehr hohen Niveaus, das bereits erreicht wurde. Der deutsche Pkw-Markt läuft also sehr robust, er stemmt sich ein Stück weit gegen den Trend der meisten wichtigen Märkte, die ins Minus gedreht haben. Im September und auch Anfang 2020 treten noch einmal neue Abgasvorschriften in Kraft. Diese Stichtage können den Markt zusätzlich beeinflussen.

Welche Entwicklungen bestimmen das Autojahr 2020?

Die Anzeichen, dass die gesamtwirtschaftliche Lage weltweit schwieriger wird, mehren sich. Der Brexit und der Handelskonflikt zwischen den USA und China sind veritable Risiken. Alles Weitere bleibt abzuwarten.

Zuletzt haben verschiedene Importeure wie Infiniti und Lada angekündigt, sich aus Deutschland und Europa zurückzuziehen. Was setzt den Importeuren so zu?

Das Gegenteil ist der Fall: Die Importeure steigern ihren Marktanteil in Deutschland seit Jahren. Zuletzt auf fast 40 Prozent.

Sehen Sie Chancen auf neue VDIK-Mitglieder?

Die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft im Verband der internationalen Kraftfahrzeughersteller sind in der Satzung geregelt. Wenn ein Unternehmen diese Voraussetzung erfüllt, ist eine Mitgliedschaft im Verband selbstverständlich vorstellbar.

Führen sie schon Gespräche mit chinesischen Herstellern?

Es gibt Kontakte mit verschiedenen neuen Marktteilnehmern.

VITA

Reinhard Zirpel, 65, ist seit Sommer 2016 Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK). Zuvor war der Rechtsanwalt als Vorstand bei Renault Deutschland für die Kommunikation zuständig und zudem langjähriger Vize-Präsident des VDIK